Der Barthelmesauracher Schriftsteller
Karl-Gustav Hirschmann ist mit drei Gedichten in
einer neuen Anthologie vertreten

Robert Unterburger

LANDKREIS ROTH – Werden Gedicht-Anthologien im heutigen Literaturbetrieb noch wahrgenommen? Gibt es überhaupt noch Menschen, die Gedichte lesen? Die Antwort ist nicht ganz so einfach, aber es schätzen durchaus noch Leser die besondere Form der komprimierten Sprache, die man „Gedichte“ nennt. Allerdings wagen es nur noch wenige Verlage, Gedichtbände herauszubringen. Deshalb ist es sehr verdienstvoll, wenn Verlage und Herausgeber dieses Wagnis eingehen.
„ Der bewaldete Tag“ heißt eine neue Anthologie, in der die vielfältigen Aspekte des menschlichen Lebens mittels moderner Gedichte thematisiert werden. Thematisch ungebunden folgt der Leser dem Fluss durch das Felsental im Wald. Oder er wirft einen Blick auf die Halligen oder die Insel Ödland. Auch einige Liebesgedichte sind im Band zu finden. Hier und da hält der Herbst oder andere Jahreszeiten halten Einzug.
Es ist ein erhebendes Gefühl, nach einer langen Krankheit das Krankenhaus verlassen zu dürfen. Nach dem neuen Gold in den Internetnetzen greifen die Datenkraken, der große Bruder schaut immer zu beim Verkehr der Informationen. Die Überreste der AKW-Stadt Pripyat, das stille Sterben inmitten von Natur, die sich alles zurückholt, thematisiert eine andere Autorin. Fragwürdige Traditionspflege a la Vattenfall kommt zur Sprache. Einige Gedichte führen in die USA vom Grand Canyon über Las Vegas bis Chicago. Am Schluss finden sich auch einige humorvolle Klänge.
Die Autoren greifen Alltagsthemen, Zwischenmenschliches, Träume, Unausgesprochenes, Schicksale und ethisch-moralische Probleme auf und setzen sich auch kritisch mit dem Zeitgeist, mit gesellschaftlichen Missständen oder dem Versagen der Politik auseinander.
Interessant für die Leser unserer Zeitung ist, dass in der neuen Anthologie mit Karl-Gustav Hirschmann auch ein Autor aus dem Landkreis Roth vertreten ist. Er hat drei lesenswerte und nachdenkliche Gedichte beigesteuert.
In seinem Gedicht „letzter gruß“ berichtet er von der Beerdigung eines Außenseiters: „er hatte kuriose einfälle/ raunen sie sich zu/ hinter vorgehaltener hand/ er war anders/ als wir/ hatte versponnene ideen/ nicken sie sich zu/ hinter dem karren herlaufend/ wirre gedanken/ als ob sie/ gedanken lesen könnten/ können sie nicht/ immerhin/ hatte/ er/ gedanken/ sie warfen/ ein jeder/ die rose/ hinab/ und/ wandten sich/ im gehen.“
Das zweite Gedicht nennt Hirschmann „Mit offenen Augen“. Darin warnt er vor den Gefahren, die von Rassismus und Ausländerhass ausgehen.
Mit dem Gedicht „mit dir“ ist Karl-Gustav Hirschmann ein wunderbares Naturgedicht gelungen. Darin schildert er den Ritt auf sanften Wildpferden, den er sich erträumt: „keine sturmgewalten/ können uns/ von den pferden holen./ wir fliegen,/ wir dachten/ wir flögen.“
Insgesamt ein lesenswerter neuer Gedichtband mit Lyrikerinnen und Lyrikern, die mitten im Leben stehen und mit ihren Gedichten für Nachdenklichkeit sorgen und drängende Fragen stellen. Neben Karl-Gustav Hirschmann sind vertreten: Julia Romazanova, Siegbert Dupke, Werner Geberzahn, Hermann Knehr, Peter Frank, Hans-Jürgen Gundlach, Wilhelm J. Gerhards, Karin Posth, Hans-Walter Voigt, David Krause, Ursula Gressmann, Barbara Gregor, Ursula Strätling, Matthias Clemens Hänselmann, Holger Burghardt, Helmut Glatz, Siegrun Bock, Michael Starcke, Gutrun Wellmer, Anna Rhönisch, Manfred Burba, Marko Ferst, Ursula Krieger, Travis Millin, Ira R. Svenhagen, Wolfgang Endler, Gerard J. Duerschke, Sibyl Quinke, Peter Nied, Nicoleta Craita Ten´o, Renate Meißner, Christian Wolfgang Büge, Norbert Rheindorf, Judith-Katja Raab, Saskia Therese Schirmer, Irmgard Woitas-Ern, Marina Zwilling, Michael Krautschneider, Volker Teodorczyk, Sabrina Weiß, Franz Rickert, Karin Büchel, Bettina Lichtner, Käthe Wetzel, Max Kahn, Evelyn Lenz, Regina Berger, Lesley Wieland, Kurt May, Georg C. Sindermann, Helga Bauer, F. Joseph Ahmann, Maria Karrasch, Verena Kaul, Thomas Rahe, Janine Weber, Tobias Grimbacher, Christa Raab, Heike Margolis und Siegfried Kyek.

(Der bewaldete Tag. Gedichte. Herausgegeben vom Literaturpodium, Dorante Edition, Berlin 2012, www.literaturpodium.de. ISBN: 978-3-86268-588-2, hergestellt in Leipzig, Engelsdorfer Verlag, 320 Seiten, 16 Euro)

erschienen am 4.6.2012 Schwabacher Tagblatt und am 2.6.2012 in der Roth-Hilpoltsteiner-Volkszeitung