Leseprobe:


[...]
Sie war jung.
Zu jung.
Ende 20.
Bäckereifachverkäuferin.
Sie hatte mal irgendwann was in der Zeitung gelesen von mir, man kam ins Gespräch, später lud ich sie ein zu Pasta und Wein, das gewöhnliche Programm, wittert man als Mann seine Chance.
Sie drängte sich ja schon auf, irgendwie.
Sicherlich war ihr nicht verborgen geblieben, dass ich nicht lebte wie einer von Hartz IV.
Das große Haus.
Der 8-Zylinder-Jaguar vor der Tür, Cabrio, mit 400 PS.
So was kann schon einen gewissen Reiz ausüben auf eine Frau.
Wie eine Verheißung sein.
Auch eine Bäckereifachverkäuferin wird so ihre Träume haben.
Kennt man ja, solche Geschichten: Der Prinz kommt mit seinem weißen Pferd und nimmt das Aschenputtel mit auf sein Schloss und alle lebten sie glücklich und zufrieden bis an ihr Ende.
Ich war immer sehr freigiebig.
Kleider, Blusen, Unterwäsche – ich habe ihr schon viele Wünsche erfüllt.
Mal eben so übers Wochenende mit Lufthansa nach Casablanca, London, Lissabon.
Das hatte ihr gefallen.
Da war sie glücklich, da blühte sie auf.
Harth schaut gedankenverloren in den Raum hinein.
Einmal sprach sie auch von Heirat, Ehe, Familienglück.
Und von einem Kind.
Da sagte ich, Kinder interessieren mich nicht.
Und außerdem sei ich schon fast ein alter Sack.
Da schien sie gekränkt, ging in die Küche und spülte Gläser, die noch da standen vom Abend zuvor.
Später wollte ich sie umarmen, küssen, wie man das eben so macht, wenn das taktische Ziel Versöhnung heißt.
Da sagte sie nur: Lass mich!
Und später im Bett drehte sie sich auf die Seite und schlief rasch ein.
Ach ja, Marianne -
Makelloser Körper.
Formvollendet.
Kann man so sagen.
Und bereit.
Sie war, wie man so sagt, ein ziemlicher Feger.
Was ein Mann, auch wenn er bald schon 60 ist, noch zu leisten imstande ist!
Feste Brüste, gute Beine, ein voller Lippenmund.
Elf Monate Dasein wie Swing.
Und nie Streit.
Eigentlich.
Aber dann war sie wieder weg.
Ließ mich zurück wie einen alten Mopp, den man nicht mehr braucht.
Weil sie einen gefunden hatte, der ihr die Ehe bot.
Handwerksmeister, selbstständig, im Klempnerbereich.
Unglaublich!
Tauscht mich, Waldemar Harth, aus gegen einen Handwerksmeister im Klempnerbereich!
Absurd, so gesehen.
Aber was soll's -
Ich hab's überlebt.
Das.
Wie gewonnen, so zerronnen.
Frauen kommen, Frauen gehen.
Nichts Besonderes heutzutage.
Naturgesetz des Lebens offenbar in postmoderner Zeit.
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